First Copy Costs

First Copy Costs (FCC) bezeichnen den Stückkostendegressionseffekt, der bei der Herstellung von Medienprodukten auftritt. Dieser Effekt, der auch als First-Copy-Cost-Effekt bezeichnet wird, beruht auf der Produktionskostenstruktur in Medienunternehmen, die sich durch einen hohen Anteil an Fixkosten auszeichnet. 1

Inhaltsverzeichnis:

  1. Charakteristik von Medienprodukten
  2. Zusammensetzung der Gesamtkosten
  3. Fcc-Effekt im Filmbereich
  4. Fcc-Effekt im Buchbereich
  5. Ökonomische Konsequenzen
    1. hohes finanzielles Risiko
    2. Probleme bei der Finanzierung und der Refinanzierung
    3. Markteintrittsbarrieren
  6. Einzelnachweise
  7. Literatur

Charakteristik von Medienprodukten

Medienprodukte weisen charakteristisch ein hohes Maß an Einzelanfertigungen, sogenannten Unikaten, auf. Denn jeder Artikel und jede Fernsehsendung müssen individuell angefertigt werden. Bei der Betrachtung eines Gesamtproduktes, wie einer Zeitung, fällt dies besonders auf. Alle Komponenten werden als Teilprodukte angesehen und unterscheiden sich dementsprechend in ihrem Inhalt, der Produktionsform und dem finanziellen Hintergrund. Der immaterielle Kern, also der Content, aller Medienprodukte ist somit eine Einzelanfertigung.

Die unmittelbare Folge dieses „Unikat-Charakters“ liegt in den zum Teil extrem hohen Produktionskosten. Der Anteil, der dabei für die Produktion der sogenannten  „Mutterkopie“ anfällt, wird auch als First-Copy-Costs bezeichnet. 2

Zusammensetzung der Gesamtkosten

Ein prägnantes Merkmal von Medienunternehmen ist der hohe Anteil fixer Kosten an den Gesamtkosten. Dies lässt sich durch die Wertschöpfungsstruktur im Mediensektor erklären: Dazu werden die  Gesamtkosten für die Bereitstellung eines Medienproduktes unterteilt in Erstellung, Bündelung und Distribution.

Im Rahmen der Erstellung und Bündelung fallen die hohen Produktionskosten für die Mutterkopie an. Da diese unabhängig von der späteren Ausbringungsmenge und somit fix sind, sind sie ein fester und vor allem großer Bestandteil der Gesamtkosten. Die Vervielfältigungskosten der Mutterkopie (Blauphasenverfahren) und somit das Erstellen weiterer Produkte fällt vergleichsweise gering aus und sind als variable Kosten, abhängig von der produzierten Menge, zu kalkulieren. Bei einer steigenden Menge der Ausbringungsmenge verteilen sich die Erstellungskosten dementsprechend und führen zu einer Senkung der Stückkosten. Die Kosten für die Distribution sind ebenfalls abhängig von der Ausbringungsmenge, fallen jedoch vergleichsweise gering aus.

Diese Kostenstruktur führt dazu, dass sich die hochanteiligen Fixkosten, bei einer steigenden Ausbringungsmenge, auf die Maße verteilen und somit zu einer Senkung der Stückkosten führen. Dieser Effekt wird als Stückkostendegression bezeichnet. Da dies besonders häufig im Mediensektor stattfindet, trägt er zudem den Namen „First-Copy-Costs-Effekt“. 3

Die folgende Abbildung zeigt die Stückkostendegression am Beispiel des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“.

Spiegel
Fcc-Effekt am Beispiel des Spiegels – Vgl. Schumann, Hess und Hagenhoff: Grundfragen Medienwirtschaft, Seite 33

FCC-Effekt im Filmbereich

Im Filmsektor sind, aufgrund des Unikat-Charakters, die Produktionskosten als First-Copy-Costs zu sehen. Diese werden typischerweise im Rahmen einer Zuschlagskalkulation ermittelt.

Bsp1
Zuschlagskalkulation im Filmbereich – Vgl. Martin Gläser: Einführung Medienwirtschaft, Seite 9

Martin Gläser beschreibt in dem Buch „Medienmanagement“ folgendes Beispiel:

Angenommen die Produktionskosten eines Filmes betragen 25 Millionen € und die Herstellungskosten einer Kopie 1.250€. Für den bundesweiten Kino-Einsatz werden 150 Kopien angefertigt, die jeweils von 40.000 Kinobesuchern gesehen werden sollen.

Die absoluten Kosten berechnen sich dementsprechend wie folgt: Die Herstellungskosten der 150 Kopien belaufen sich auf 187.500€, somit circa auf 0,2 Millionen €. Dies verdeutlicht die verschiedenen Größenordnungen der Herstellung der Mutterkopie und deren Vervielfältigung.  Die gesamten Produktions- und Vervielfältigungskosten liegen somit bei 25,2 Millionen €.

Die Stückkostendegression, also der Effekt der First Copy Costs, wird anhand der Anzahl der hergestellten Kopien berechnet. Bei den Stückkosten handelt es sich um die Gesamtkosten, dividiert durch die Anzahl der Kopien. Diese liegen bei einer Kopie somit bei 25 Millionen €, bei zwei Kopien bei lediglich 12,5 Millionen €. Bei zehn Kopien fallen die Stückkosten bereits auf nur noch 2,5 Millionen € und bei zehn Kopien auf gerade einmal 167.000€ pro Kopie.

Die Stückkostendegression kann zusätzlich nach erreichten Kinobesuchern errechnet werden. Jede Kopie soll 40.000 Besucher erreichen, bei 150 Kopien läge die Zahl der erreichten Kinobesucher dementsprechend bei 6 Millionen Besuchern. Die Stückkosten werden durch das Dividieren der Gesamtkosten und der Kinobesucher errechnet, bei der Mutterkopie liegen sie somit (25 Millionen € geteilt durch 40.000 Besucher) bei 625€. Bei allen 150 Kopien belaufen sich die Kosten auf minimale 4,17€ pro Kopie. 4

FCC-Effekt im Buchbereich

Am deutlichsten ist der FCC-Effekt zwar im elektronischen Sektor der Medienbranche ausgeprägt, doch auch im Print- und Verlagsbereich sind die Auswirkungen nicht zu unterschätzen.

Auch dazu findet sich in dem Buch von Martin Gläser ein passendes Beispiel:

bsp3
First Copy Costs im Printbereich – Vgl. Martin Gläser: Einführung Medienwirtschaft, Seite 11

Angenommen ein Buch mit einer Auflage von 10.000 Stück und einem Ladenpreis von 10€ bringt dem Verlag einen Erlös von 50.000€ ein.

Die absoluten Kosten des Buches berechnen sich wie folgt: Zu den fixen Kosten (FCC) zählen die Honorar- und Lizenzkosten, die Kosten für Gestaltung, Grafik und Redaktion sowie die Kosten für das Lektorat. Zusammen ergibt das 10.000e für die FCC. Die Herstellungskosten der 10.000 Kopien belaufen sich auf insgesamt 20.000€, demnach liegt der Vervielfältigungspreis pro Kopie bei 2€. Die Produktionskosten der 10. Bücher betragen dementsprechend 30.000€.

Auch beim Buch kann die Stückkostendegression  anhand der Anzahl der hergestellten Kopien berechnet werden. Die Stückkosten für Produktion und Vervielfältigung der ersten Kopie liegen bei stolzen 10.002€, bei zwei Kopien reduziert sich dies bereits auf 5.002€. Bei einer Stückzahl von 10.000 Büchern betragen die Kosten für die Produktion und Vervielfältigung lediglich 3€ pro Stück. 5

  1. Ökonomische Konsequenzen

Folglich sind diese hohen Kosten für die erste Kopie eines Medienproduktes selbst durch modernste Produktionstechniken unvermeidbar. Sie ziehen für die Medienunternehmen einige wirtschaftlich unvorteilhafte Konsequenzen nach sich:

  • Finanzielles Risiko

Die First-Copy-Costs führen, durch ihre Unabhängigkeit von der Ausbringungsmenge und der daraus resultierenden Irreversibilität, zu einem extremen finanziellen Risiko. Die Kosten müssen bei der Erstellung eines Medienproduktes getragen werden und können bei dessen Misserfolg nicht rückgängig gemacht werden. Im Falle des Verlustes der FCC ohne einen finanziellen Rücklauf wird auch von „versunkenen Kosten“ (sunk cost) gesprochen.

Im Bereich der Spielfilme ist dazu das sogenannte „Opening Weekend Syndrom“ bekannt. Dieses Syndrom bezeichnet den Druck der Produzenten, dass ein Film bereits am ersten Wochenende seine Kosten wieder einspielen muss um „erfolgreich“ zu sein. Dementsprechend klein fällt die Bereitschaft aus größere Budgets in neuartige und somit schwer einschätzbare Filmideen zu investieren. 6

  • Probleme bei der Finanzierung und der Refinanzierung
Teuelskreis
Teufelskreislauf in der deutschen Produktionswirtschaft – Vgl. Martin Gläser: Einführung Medienwirtschaft, Seite 12

Dies leitet direkt weiter zu der nächsten ökonomischen Konsequenz der FCC. Denn nicht nur im Bereich von Spielfilmen sondern allgemein herrscht in der Medienbranche, durch das hohe finanzielle Risiko, eine geringe Bereitschaft zur Vergabe hoher Investitionen. Schließlich müssen auch die Investoren bei einem Misserfolg mit dem Verlust ihres Geldes rechnen. Dementsprechend fällt es in der Medienbranche schwer genügend Kapital zu sammeln, um allein die Hürde der FCC bezwingen zu können. In diesem Zusammenhang wird häufig von einem Teufelskreis gesprochen.

Eine unabhängige deutsche Filmproduktion ist deshalb nur durch die Existenz der Filmförderung möglich. 7

  • Markteintrittsbarrieren

Eine weitere ökonomische Konsequenz des FCC-Effekts sind hohe Markteintrittsbarrieren.  Diese begründen sich auf dem vorhergehenden finanziellen Risiko und der Problematik innovative Medienprodukte zu finanzieren und zu refinanzieren. Gerade Newcomern stehen dieser „Barriere“ im Weg, weshalb es für sie besonders schwer ist mit innovativen Medienprodukten Fuß zu fassen. Die großen Player dagegen, die sich bereits auf dem Markt etabliert haben, sehen keine Schwierigkeit darin das nötige Geld für ein neues Projekt zu sammeln. Dies führt zu einer regelrechten Anheizung der Monopolisierung und wirtschaftlichen Machtkonzentration auf dem Medienmarkt. 8

Einzelnachweise

1 Unbekannt, Gabler Wirtschaftslexikon,Stichwort: First-Copy-Cost-Effekt, Siehe
2 Gläser, Martin: Medienmanagement, München, 2014, 3. Auflage, S. 133ff. 9783800647668
3 Schumann, Matthias /  Hess, Thomas /  Hagenhoff, Svenja: Grundfragen der Medienwirtschaft, Heidelberg , 2014, 5. Auflage ,S.33ff., 9783642378638
4 Gläser, Martin: Medienmanagement, München, 2014, 3. Auflage, S. 136, 9783800647668
5 Gläser,Martin: Einführung Medienwirtschaft, Seite 11, Siehe
6 Gläser,Martin: Einführung Medienwirtschaft, Seite 11, Siehe
7 Gläser, Martin: Einführung Medienwirtschaft, Seite 12, Siehe
8 Gläser, Martin: Medienmanagement, München, 2014, 3. Auflage, S. 135. 9783800647668

Literatur

Grau,Christoph: Kostendegression in der digitalisierten Medienproduktion – Eine Neukonzeption des First-Copy-Cost-Effekts, Hamburg, 2008, 9783830037934

Heinrich, Jürgen: Medienökonomie, Band 1: Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden, 2010, 3. Auflage, 9783531176192

Zerdick, Axel. / Schrape, Klaus / Burgelman, Jean-Claude / Silverstone, Roger: E-Merging Media, Kommunikation und Medienwirtschaft der Zukunft, Berlin u.a., 2004, 9783642621895

Zerdick, Axel / Schrape, Klaus / Artope, Alexander / Goldhammer, Klaus / Vierkant, Eckart / Lopez-Escobar, Esteban / Silverstone, Roger: Die Internet-Ökonomie, Strategien für die digitale Wirtschaft,  Berlin, 2001, 3. erweiterte und überarbeitete Auflage, 9783642631139

Wirtz, Bernd W.: Medien- und Internetmanagement, Wiesbaden, 2008, 6. Auflage, 9783834908643

Scholz, Christian: Handbuch Medienmanagement, Berlin u.a., 2006, 9783540235408

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